,,Flinke Frauenhände‘‘ gesucht – LAG Nürnberg: Geschlechterdiskriminierung eines männlichen Bewerbers
„[…] Unsere sehr kleinen, filigranen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Sie für diese Stelle nicht in Frage kommen. […]‘‘, so erteilte der Arbeitgeber dem Bewerber eine Absage und wurde deshalb zu einer Zahlung in Höhe von € 2.500,- wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verurteilt (Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 13.12.2022, Aktenzeichen 7 Sa 168/22).
Was war passiert?
Der Kläger, ein gelernter Einzelhandelskaufmann mit Erfahrung als Produktionshelfer in der technischen Keramik, bewarb sich beim Unternehmen der Beklagten, welches Modelle von Kraftfahrzeugen/ Verkehrsmitteln produziert und vertreibt. Nach der Ablehnung der Bewerbung, verlangte der Kläger von der Beklagten Entschädigungsansprüche in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern gemäß § 15 Abs. 2 AGG wegen Geschlechterdiskriminierung. Daraufhin lud den Kläger zum Probearbeiten ein, wozu es aber aus verschiedenen Gründen nicht kam. Kurze Zeit später teilte der Kläger mit, er habe nun Arbeit gefunden. Er machte seine Entschädigungsforderung dann gegenüber der Beklagten vor dem Arbeitsgericht geltend.
„Flinke Frauenhände“ = Diskriminierung?
Nach Ansicht der Beklagten sei die Formulierung ,,flinke Frauenhände‘‘ keine absichtliche Diskriminierung, sondern nur eine Umschreibung für die erforderliche Geschicklichkeit und Fingerfertigkeit der Tätigkeit. Auch sei der Kläger aufgrund seiner „zu großen Hände“ für die filigrane Arbeit nicht geeignet. Schließlich warf sie dem Kläger Rechtsmissbrauch vor. Der Kläger sei ein „AGG-Hopper“, also ein „professioneller Diskriminierungskläger“, der sich gezielt auf Stellenausschreibungen mit zum Teil benachteiligenden Indizien bewirbt, ohne jedoch die ausgeschriebene Stelle ernsthaft besetzen zu wollen. Der Kläger wandte hiergegen ein, er sei aufgrund seines Geschlechts diskriminiert worden. Auch sei der angeführte filigrane Zusammenbau von Fahrzeugen nicht Bestandteil der Ausschreibung gewesen.
Wie entschied das LAG?
Das LAG Nürnberg sah in der Ablehnung eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und sprach dem Kläger eine Entschädigung von knapp zwei Bruttomonatsgehältern in Höhe von € 2.500,- zu. Nach Auffassung des Gerichts stellt eine „salopp“ oder „humorvoll“ gemeinte Ablehnung keine andere Wertung dar. In den Worten einer E-Mail ist diese Intension auch gar nicht erkennbar. Zudem kann die vermeintliche Größe der Hand keine pauschalen Rückschlüsse auf die feinmotorischen Fähigkeiten zulassen. Die Tatsache, dass der Kläger ca. 20 km zur neuen Arbeitsstätte fahren müsste, vorher mehr verdient hat und er das letzte Gesprächsangebot ausgeschlagen hat, führt nach Ansicht des Gerichts nicht automatisch zu einem im Verdacht stehenden Rechtsmissbrauch.
Fazit: Auch vermeintlich „saloppe“ oder „humorvolle“ Formulierungen in Bewerbungsablehnungen oder Stellenanzeigen können empfindliche Entschädigungszahlungen nach sich ziehen. Arbeitgeber sollten hier genau darauf achten, welche Bezeichnungen und Umschreibungen gewählt werden.