Teillegalisierung von Cannabis im arbeitsrechtlichen Kontext

Statt der Zigarettenpause während der Arbeitszeit nun eine Pause zum Rauchen eines Joints? Der Beitrag beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Teillegalisierung von Cannabis auf das Arbeitsverhältnis.
In Kooperation mit Dr. Schmidt und Partner
03.12.2024 20:00 Uhr
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Seit dem 1. April 2024 ist der Konsum von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland erlaubt. Die Teillegalisierung stellt viele Arbeitgeber vor eine unbekannte Situation und wirft viele Fragen über den Umgang damit auf. Dieser Beitrag beleuchtet die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragestellungen.

 

Betriebliche Anordnungen zum Verbot des Konsumierens während der Arbeitszeit

Grundsätzlich gilt, dass in Fällen, in denen die Arbeitstätigkeit durch den Konsum von Drogen beeinflusst wird, der Konsum auch ohne konkrete Anweisung verboten ist. Trotzdem empfehlen wir eine klare Anordnung zu treffen, um etwaigen Auseinandersetzungen und Missverständnissen aus dem Weg zu gehen. So sollte der Konsum von Cannabis explizit innerhalb der Betriebsordnung benannt sein.

Der Cannabiskonsum darf nicht zu einer Situation führen, durch den der Konsument sich selbst oder andere gefährden könnte. Insbesondere Im Umgang mit bestimmten Medikamenten ist ein absolutes Verbot unumgänglich.

Der Vorteil davon ist, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, tatsächliche Ausfallerscheinungen des konsumierenden Arbeitnehmers zu beweisen, sondern, dass es ausreicht dem Arbeitnehmer einen Drogenkonsum im zeitlichen Kontext zur Arbeit nachzuweisen. Dies würde eine potentielle Sanktionierung als Pflichtverstoß erleichtern.

Wird kein explizites Verbot vereinbart, sind Verhaltensauffälligkeiten, die auf den Konsum jeglicher – auch legaler – Drogen zurückzuführen sind, selbstverständlich trotzdem abmahnfähig und können unter Umständen ebenfalls eine Kündigung begründen.

 

Besonderheit Botenfahrer

Insbesondere für Botenfahrer ist ein Verbot von besonderer Relevanz. Hier folgen für den etwaig konsumierenden Botenfahrer nicht nur arbeitsrechtliche Konsequenzen, sondern unter Umständen direkte strafrechtliche bzw. ordnungsrechtliche Verfolgungen.

Tipp: Überprüfen Sie Ihre bisherigen Regelungen über den verbotenen Konsum und stellen Sie gegenüber Ihren Arbeitnehmern noch einmal klar, dass dies auch für legale Drogen gilt.

 

Was tun bei Verdacht der Untauglichkeit zur Tätigkeit aufgrund Drogenkonsums?

Eine Berauschung während der Arbeitszeit stellt einen Arbeitsvertragsverstoß dar. Als Arbeitgeber ist hier Handeln gefragt: Je nach den Umständen des Einzelfalls kommen neben Ermahnung und Abmahnung auch der Ausspruch einer Kündigung in Betracht.

Den Arbeitgeber trifft eine Fürsorgepflicht: Dem Arbeitnehmer ist die weitere Tätigkeit zu untersagen oder zumindest freizustellen. Insbesondere im Umgang mit Medikamenten darf die Arbeitstauglichkeit der Arbeitnehmer nicht in Zweifel stehen.

Dazu sind Kontrollmechanismen nötig. Es kann möglich sein, verdachtsunabhängige Kontrollen arbeitsvertraglich zu vereinbaren. Ist eine solche Vereinbarung nicht getroffen worden, ist eine verdachtsunabhängige Kontrolle unzulässig.

Daneben besteht auch die Möglichkeit von anlassbezogenen Verdachtskontrollen. Besteht der begründete Verdacht, dass ein Arbeitnehmer aufgrund des Konsums von Drogen in seiner Arbeitstauglichkeit eingeschränkt ist, darf der Vorgesetze ihn zur Mitwirkung an einer Kontrolle auffordern. Wichtig ist hier aber, dass eine Kontrolle nicht erzwungen werden darf. Wird sie aber verweigert, könnte dies ein Indiz für einen Drogenmissbrauch sein.

 

Privatvergnügen/Konsum außerhalb der Arbeitszeit?

Zu unterscheiden vom betrieblichen Verbot ist der Freizeitkonsum. Außerhalb der Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer frei entscheiden, ob er Drogen konsumiert. Ob der Arbeitnehmer Drogen zu sich nimmt, muss er grundsätzlich gegenüber dem Arbeitgeber auch nicht offenlegen. Er muss keinerlei Rechenschaft über seine Freizeitaktivitäten ablegen.

Erst dann, wenn der Konsum während der Freizeit die konkrete Arbeitstauglichkeit beeinflusst, darf der Arbeitgeber einschreiten. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.

 

Suchtmittelabhängigkeit

Bei der Suchtmittelmittelabhängigkeit steht das Interesse der Apothekenleitung an einem funktionierenden Arbeitsverhältnis dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des süchtigen Arbeitnehmers gegenüber.

Deswegen sind Fragen nach dem Gesundheitszustand (also auch Fragen nach einer etwaigen Suchtmittelabhängigkeit) nur zulässig, wenn damit die Arbeitsplatzeignung festgestellt werden soll. Soweit keine negativen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit vorliegen, ist gelegentlicher Alkohol- und Drogenkonsum ausschließlich der Privatsphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen.

In sicherheitsrelevanten Bereichen kann eine Frage nach dem Konsum konkreter Drogen auch zulässig sein. Dazu dürfte insbesondere wegen der Nähe zu Betäubungsmitteln und die damit einhergehende Konsum- bzw. Rückfallgefahr, auch heilberufliche Arbeit zählen.

Eine andere Beurteilung könnte sich aber auf Grundlage des AGG ergeben, wenn man die Suchtmittelabhängigkeit nach §§ 1, 7 AGG als Behinderung einstuft. Dies hat der BAG bei illegalem Drogenkonsum bereits bejaht (BAG, Urteil vom 14.01.2004, Az. 10 AZR 188/03).

 

Fazit: Dass Arbeitgeber vorausschauend handeln, bietet sich wie immer an. Unser Handlungsempfehlung: Betriebsordnungen sollten neben Alkoholverbot auch eine eindeutige Regelung zum Cannabiskonsum enthalten.